Mord in Der Noris by Petra Kirsch

Mord in Der Noris by Petra Kirsch

Autor:Petra Kirsch [Kirsch, Petra]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
ISBN: 3863581326
Herausgeber: Emons Verlag
veröffentlicht: 2013-04-23T22:00:00+00:00


6

Noch bevor sie ihr Stalker belästigen konnte, weckte sie am nächsten Morgen das Telefon aus dem Schlaf. Sie sah auf das Display: Es zeigte die Handynummer von Paul Zankl, der um diese Uhrzeit nicht mehr daheim, aber auch noch nicht an seinem Arbeitsplatz sein konnte. In dem bangen Gefühl, dass ihm etwas passiert war und er ihre Hilfe brauchte, nahm sie den Hörer ab.

»Ja, Paul, ist was?«

»Guten Morgen erst mal, nein, es ist nichts. Oder doch, natürlich ist was. Deshalb rufe ich ja an. Wir zwei haben heute eine Verabredung. Du erinnerst dich doch sicher, um halb sechs vor dem Polizeipräsidium.«

Oh, das Fußballspiel, das hatte sie tatsächlich vergessen. Erst jetzt, in diesem Augenblick, erinnerte sie sich an ihre Verabredung. Und so antwortete sie mit dem schlechten Gewissen der um ein Haar Ertappten: »Natürlich. Meinst du, ich vergesse so was?«

»Na, sicher war ich mir nicht. Aber dann ist ja alles in Ordnung. Also bis heute Nachmittag. Und bring gute Laune mit. Ich fürchte, die werden wir brauchen. Schalke spielt nämlich in letzter Zeit sehr stark.« Dann beendete er das Gespräch.

Das auch noch. Ihr Vorhaben, sich heute in der Eichendorffstraße einzuigeln und dort ohne Zeitlimit das Oberste zuunterst zu kehren, sprich: nach Hinweisen zu fahnden, war damit geplatzt. Somit würde sie das auf den Samstag verschieben. Schließlich hatte sie an diesem Tag sowieso Bereitschaftsdienst.

Nachdem sie Kaffee aufgesetzt, das Ei in den Wassertopf gelegt und den Küchentisch hübsch eingedeckt hatte, stellte sie sich ans Fenster und blickte auf ihre Burg, die wie immer um diese Zeit eine ergreifende Ruhe und Erhabenheit ausstrahlte. Erfreut registrierte sie das verheißungsvolle Blassblau des Himmels, das im Laufe des Tages zu einem satten wolkenlosen Blau mutieren würde, welches auch der Sonne zu ihrem Recht verhalf.

An der niedrigen Steinmauer vor dem Burggraben lehnte eine Frau und schien zu ihr heraufzusehen. Sie kniff die Augen fest zusammen und betrachtete die Gestalt mit dem rotblonden Haar genauer. Erschrocken tat sie einen Schritt zur Seite und stellte sich hinter die blickgeschützte Wand. Das durfte doch nicht wahr sein … das war doch nicht möglich … oder doch? Schnell lief sie ins Wohnzimmer, holte sich die Brille, die noch auf dem Couchtisch lag, und setzte sie auf. Dann huschte sie in die Küche zurück, gebückt und darauf bedacht, dass man sie von der Straße her nicht sehen konnte, und bezog vorsichtig Stellung am linken Fensterrahmen.

Ihr dritter Blick, nun geschärft durch die Sehhilfe, bestätigte, was sie befürchtet hatte: Tatsächlich, das war Eva Brunner, die da an der Steinmauer lehnte und in aller Seelenruhe darauf zu warten schien, sie an der Haustür abzufangen. Für Paula wirkte das wie eine Herausforderung zu einem Duell.

Mit dieser Hartnäckigkeit ihrer Mitarbeiterin, die schon Züge der Aufdringlichkeit trug, hatte sie nicht gerechnet. Sie setzte sich an den Küchentisch und dachte nach. Was wollte die Anwärterin von ihr? Wahrscheinlich reden, ja, aber worüber und mit welcher Absicht? Sie kam zu dem Schluss, dass da draußen eine Gefahr lauerte, die umso bedrohlicher schien, als sie nicht wusste, aus welcher Richtung das Gefecht eröffnet werden würde.



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